Brauchen wir noch Berührung?
In diesen Zeiten wo es geradezu eine Notwendigkeit, für manche sogar überlebenswichtig ist auf Berührung, auf Umarmungen, auf Händeschütteln zu verzichten stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, mehr und mehr auch langfristig einen berührungsarmen Lebensstil zu pflegen.
Andererseits wird uns jetzt im Moment auch bewusst, wie sehr wir doch im Alltag uns ständig ins Gesicht fassen, wie uns die Umarmung der besten Freundin oder ein nettes Schulterklopfen fehlen.
Von der Tendenz zur Berührungslosigkeit
Homeoffice hat im Moment dramatisch an Fahrt aufgenommen und viele Firmen und Mitarbeiter werden auch in Zukunft die einmal gemachten positiven Erfahrungen nutzen um diese Art des Arbeitens weiterhin, zumindest phasenweise zu nutzen.
Smartphones sind in unsere Gesellschaft schon lange weit verbreitet und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Laut Statistik nutzen wir mittlerweile unser Smartphone über 3 Stunden täglich für unterschiedlichste Aktivitäten. Und klar, je jünger die Person, desto mehr Zeit ist für dieses Medium reserviert. Der Berührungskontakt ist dabei auf maximal leichten Druck auf eine Glasscheibe beschränkt, also nicht wirklich sehr „reizvoll“.
Die Zahl der Single-Haushalte steigt seit Jahren kontinuierlich. Laut Statistischem Bundesamt leben mittlerweile 42 % der Menschen alleine. Vor 30 Jahren waren es noch ca. 33 % Alleinlebende.
Wir sind flexibel und mobil, die technische Kommunikation verändert sich rasant – und damit auch unsere Lebensweise. All diese Faktoren begünstigen den Rückzug körperlicher Nähe.
Das sagt der Wissenschaftler Martin Grunwald
Der Trend zur Berührungsverarmung steh im Widerspruch zur These von Psychologe und „Tastsinnexperte“ Martin Grunwald der behauptet, dass das Streicheln von Smartphones keine echte Berührung zwischen Menschen ersetzt.
„Der Mensch ist dreidimensional konstruiert. Die Haut ist nicht nur Schutz, sondern auch Körpergrenze. Und diese muss ich als Mensch immer wieder erfahren und im Wortsinne begreifen.“
„Der Mensch kann ohne Geschmackssinn leben, ohne Gehör, sogar ohne Augenlicht. Aber Sie bleiben nicht gesund, wenn Ihnen der Körperkontakt genommen wird“, so die Aussage des Psychologen.
Säugetiere, die nicht körperlich stimuliert werden, degenerieren oder sterben. Der biologische Reifungsprozess setzt voraus, dass der Organismus sicher ist, dass ein Gegenüber existiert. Er muss fühlen: Es gibt den anderen. Und es gibt mich. Berührungen sind in manchen Phasen unseres Daseins ein regelrechtes Lebensmittel.“
„Das Bedürfnis nach Körperkommunikation durchzieht unser ganzes Leben, vom Embryo bis zum Greis. Sie können einem demenzkranken Menschen nichts mehr erklären. Aber Sie können ihm unendlich viel geben – durch Berührung. Bei jüngeren Erwachsenen ist das nicht anders.“*
Körperarbeit und Massage als Form von Berührung
Der Stellenwert von Massagen und überhaupt von Wellness hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Dies hängt viel mit der steigenden Bedeutung von Selbstfürsorge zusammen, derer wir uns immer mehr bewusst werden.
Es hat eben aber auch mit dem Wunsch nach mehr Körperkontakt in diesen berührungsarmen Zeiten zu tun.
Dabei ist der Wunsch nach Achtsamkeit und Individualität deutlich gestiegen. Es werden sich deshalb die Massage-Angebote durchsetzen, bei denen das Bedürfnis nach „gesehen werden“ und sich angenommen fühlen, erfüllt ist, um die Fülle menschlicher Wärme zu spüren.
Alles Liebe!
Rose-Marie
*Quelle Zitate: https://www.stern.de/panorama/video/stern-exklusiv/warum-beruehrung-verbindung-schafft—interview-mit-haptik-experte-martin-grunwald-6325446.html